SAI Nassersee Segelschiff

Der zweite Tag beginnt früh. Noch bevor die Sonne den Himmel färbt, gehst du vom Schiff an Land. Die Luft ist kühl, der See liegt still und die Stille ist fast vollkommen. Du läufst durch die weite Landschaft und mit etwas Glück siehst du Gazellen oder Wildesel, die am Ufer grasen. Keine Straßen, keine Zäune, nur Natur und ein Gefühl, das man in Ägypten nicht erwartet.

Zurück an Bord wartet das Frühstück und während du isst, setzt sich die Dahabeya wieder in Bewegung. Es geht Richtung Wadi El Seboua. Immer wieder wird angelegt, nicht weil man muss, sondern weil es sich lohnt. Kleine Uferstellen, Sandbänke, Felsen, die aus dem Wasser steigen. Plätze, an denen man einfach stehen bleibt und schweigt.

Später erreicht ihr Abu Sheta, eine Gegend, in der sich See und Wüste ohne Übergang treffen. Das ist einer dieser Orte, die man nicht beschreiben kann, weil sie nur aus Stimmung bestehen.

Am Nachmittag fährt das Schiff weiter nach Maria, ein kleines nubisches Dorf am Westufer. Hier kannst du schwimmen, während die Sonne langsam tiefer sinkt. Kein Chlor, kein Pool, nur der See und ein Gefühl von Freiheit. Am Abend kehrt Ruhe ein. Es gibt Essen unter freiem Himmel und irgendwo in der Ferne hört man vielleicht ein Boot oder einen Vogel. Sonst nichts. Die Nacht gehört dem Wasser und dir.

Der Tag beginnt ruhig. Die Sonne steht schon über dem Wasser, als du mit dem Boot an Land gehst. Wadi El Seboua liegt vor dir wie ein vergessener Ort. Keine Gruppen, kein Trubel, nur alte Mauern und Wind. Die Tempel von Dakka und Meharraqa liegen nicht weit entfernt und jeder hat seine eigene Stimmung. Manche Wände sind verwittert, andere wirken, als hätte gestern noch jemand dort gearbeitet.

Zurück an Bord der Dahabeya geht die Fahrt weiter Richtung Süden. Die Landschaft sieht still aus, aber wenn du genau hinschaust, bewegt sich ständig etwas. Vögel, Licht, Wasser. Beim Wadi Al Arab macht das Schiff Halt. Wer will, springt in den See. Das Wasser ist kühl und tief und es fühlt sich an, als würde die Wüste für einen Moment verschwinden.

Später nähert ihr euch Amada. Auf dem Weg dorthin kann es passieren, dass du plötzlich ein Krokodil siehst. Ganz still am Ufer oder fast unsichtbar im Wasser. Ein Moment, den man nicht planen kann, aber nie vergisst.

Am Abend liegt die SAI Dahabeya Nassersee vor Amada vor Anker. Das Licht wird milder, der Himmel färbt sich langsam und irgendwann steht der See schwarz und still da. Essen an Deck, ein paar Gespräche, vielleicht Stille. Mehr braucht es nicht.

Heute geht die Reise weiter nach Süden. Viele sind schon früh wach, weil das Licht über dem See jeden Morgen anders wirkt. Vielleicht trinkst du einfach einen Kaffee an Deck und schaust zu, wie Vögel am Ufer vorbeiziehen. Es ist ein ruhiger Start in den Tag, ohne Druck und ohne Programmpunkt, der dich hetzt.

Später gehst du an Land und besuchst den Tempel von Amada. Er ist klein, aber noch erstaunlich gut erhalten und trägt immer noch Farben an den Wänden. Ganz in der Nähe liegen El Deir und das Grab von Pennut. Keine Absperrungen, keine Besucherströme. Du kannst dir Zeit nehmen und dich bewegen wie jemand, der etwas entdeckt und nicht wie jemand, der abgefertigt wird.

Zurück auf dem Segelboot geht es weiter. Unterwegs taucht Kasr Ibrim auf, eine alte Festung mitten im Wasser. Man kann sie nicht betreten, aber allein der Blick darauf reicht um zu verstehen, wie viel Geschichte hier unter der Oberfläche liegt.

Je näher ihr Abu Simbel kommt, desto mehr verändert sich das Ufer. Kleine Dörfer tauchen auf, Boote liegen am Rand, Kinder winken vom Ufer. Es fühlt sich lebendiger an als die Tage zuvor. Und dann steht er plötzlich da. Der große Tempel von Ramses dem Zweiten, bekannt aus jedem Ägyptenbuch, aber hier wirkt er ganz anders. Ruhiger. Ernst. Groß.

Am Nachmittag hast du Zeit, die Tempelanlage zu besuchen. Ohne Gedränge, ohne Eile. Wenn du möchtest, kannst du abends die Ton und Licht Show sehen. Wenn nicht, lässt du es. Niemand zwingt dich zu irgendetwas. Das hier ist deine Reise, kein Pauschalprogramm.

Wir bleiben über Nacht in Abu Simbel. Am Abend gibt es Essen an Deck. Kein Spektakel, keine Musik. Nur Wärme, Stille, Wasser und das Gefühl, an einem Ort zu sein, den die meisten nur im Vorbeifahren sehen.

Der letzte Morgen gehört dir. Du kannst noch einmal zu den Tempeln gehen, wenn du möchtest, oder einfach am Wasser sitzen und den Ort in Stille auf dich wirken lassen. Abu Simbel wirkt früh am Tag ganz anders als später. Weniger monumental, dafür persönlicher. Fast so, als würde Ramses dich verabschieden und nicht umgekehrt.

Nach dem Frühstück heißt es Abschied nehmen von der SAI Dahabeya Nassersee. Ausschiffung ohne Eile, wie alles auf dieser Reise. Danach Transfer zum Flughafen von Abu Simbel. Was bleibt, ist mehr als nur Erinnerung. Vielleicht ist es die Stille, vielleicht das langsame Tempo, vielleicht dieses Gefühl, dass der See und die Tempel noch nachwirken, wenn du längst weitergezogen bist.